Marktpreise für Gas sinken und die Gastarife steigen. Wieso?
Erdgas
Wenig gefüllte Gasspeicher, Rückgang der Gaslieferungen aus Russland, Ausfall von Atomkraftwerken, Verwendung von Gas für die Stromproduktion: Die Gründe für die rekordhohen Gaspreise und Volatilität auf den Märkten sind vielfältig. Den (vorläufigen) Höhepunkt fanden die Preise vor knapp drei Monaten. Ein Megawatt kostet mittlerweile weniger als halb so viel wie damals, aber immer noch ein Mehrfaches von Vorjahren. Und doch steigen die Gastarife für die Kunden ab Januar 2023 nochmals an.
Die Begründung für diese Diskrepanz findet sich in der Beschaffung. Energieversorger kaufen den Grossteil ihres Gases nicht «live» auf dem Markt, sondern vorab und gestaffelt ein. StWZ beispielsweise hat den Grossteil des Gases für 2023 bereits eingekauft – zu einem höheren Preis als in diesem Jahr. Den Rest der Gasmenge wird mit Gaseinkaufspartnern laufend beschafft, zu einem möglichst tiefen Preis. Zu welchem Preis diese geringe Restmenge eingekauft wird, ist noch nicht bekannt. Es ist jedoch bereits heute klar, dass die Preise für die Haushaltskunden im Januar 2023 höher sein werden als die aktuellen Tarife.
Rasche Alternative gefunden
Die Gründe für die tieferen Grosshandelsmarktpreise der letzten Wochen liegen zum einen in der alternativen Gasbeschaffung. Europa hat die Importe von Flüssigerdgas, kurz LNG, enorm gesteigert und konnte daher auch mit wenig russischem Erdgas die Speicher befüllen. Der Vorteil von Flüssigerdgas ist, dass es für den Transport keine Pipeline benötigt, sondern via Schiff und damit rund um die Welt transportiert werden kann. Flüssigerdgas kommt daher vor allem aus Ländern wie Katar oder den USA nach Europa.
Mildes Wetter und Sparen
Ebenfalls entscheidend für die aktuell tieferen kurzfristigen Grosshandelsmarktpreise ist neben den gefüllten europäischen Gasspeichern vor allem das Wetter. Der überaus milde Oktober hat die Heizperiode merklich nach hinten geschoben und dadurch die Nachfrage in Europa gesenkt. Die Temperaturen in diesem Winter werden auch für die weitere Preisentwicklung entscheidend sein. Hinzu kommt die logische, wirtschaftliche Entwicklung, wenn ein Gut immer teurer wird: Gas wird wo möglich eingespart. Dies hat, gemeinsam mit der freiwilligen Umstellung von Zweistoffkunden auf Öl, zu einem weiteren Nachfragerückgang geführt und die Preissituation etwas beruhigt.
Was passiert nächstes Jahr?
Die Preisentwicklung hängt von zum Teil unbeeinflussbaren Faktoren wie dem Wetter ab – entsprechend schwierig ist eine Preisprognose. Experten gehen jedoch davon aus, dass die Gaspreise nach dem Winter wieder steigen. Dies, weil die Gasspeicher dann wieder leer sein werden und die Länder diese über den Sommer auffüllen wollen. Und im Gegensatz zu 2022 muss Europa nicht erst im August fast ohne russisches Erdgas auskommen, sondern bereits früher. Nach dem Winter ist also bereits wieder vor dem Winter.